Gewahr werden
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Gewahr werden
Hallo in die Runde,
Ich schreibe gerade an einer altertümlichen Geschichte in alter Sprache.
Da möchte ich gerne "gewahr werden" verwenden, bin mir jedoch nicht beim Gebrauch sicher.
Ich kenne zwei Varianten, aber nicht deren Anwendungsfälle:
1. Er wurde gewahr, dass …
2. Ihm wurde gewahr, dass …
In welchen Situationen verwendet man bitte Fall 1, und wann Fall 2?
Hat es mit Reaktionen, Empfindungen und Wahrnehmung zu tun, welcher Fall anzuwenden ist?
Vielen Dank vorab für Eure Hilfe.
Ich schreibe gerade an einer altertümlichen Geschichte in alter Sprache.
Da möchte ich gerne "gewahr werden" verwenden, bin mir jedoch nicht beim Gebrauch sicher.
Ich kenne zwei Varianten, aber nicht deren Anwendungsfälle:
1. Er wurde gewahr, dass …
2. Ihm wurde gewahr, dass …
In welchen Situationen verwendet man bitte Fall 1, und wann Fall 2?
Hat es mit Reaktionen, Empfindungen und Wahrnehmung zu tun, welcher Fall anzuwenden ist?
Vielen Dank vorab für Eure Hilfe.
Zuletzt von DrJones am Di Sep 12, 2017 10:18 am bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Ich kenne die Verwendung so (und Wiktionary bestätigt es soweit):
- Der Akteur im Nominativ
- Das was er bemerkt, im Genitiv[1]
- offenbar geht es sowohl transitiv als auch intransitiv.
Wenn du einen Nebensatz mit "dass" einleiten willst, müsste es also heißen:
"Er wurde (sich) dessen gewahr, dass ..."
das "sich" ist offenbar optional, dazu finde ich aber gerade keine Regeln.
[1] ich habe auch die Verwendung mit Akkussativ gefunden, das klingt in meinen Ohren aber seltsam: "Er wurde seinen Irrtum gewahr". In dem Fall finde ich es nur intransitiv (also ohne Reflexivpronomen).
- Der Akteur im Nominativ
- Das was er bemerkt, im Genitiv[1]
- offenbar geht es sowohl transitiv als auch intransitiv.
Wenn du einen Nebensatz mit "dass" einleiten willst, müsste es also heißen:
"Er wurde (sich) dessen gewahr, dass ..."
das "sich" ist offenbar optional, dazu finde ich aber gerade keine Regeln.
[1] ich habe auch die Verwendung mit Akkussativ gefunden, das klingt in meinen Ohren aber seltsam: "Er wurde seinen Irrtum gewahr". In dem Fall finde ich es nur intransitiv (also ohne Reflexivpronomen).
Ankh- Tintenklecksmagier
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Re: Gewahr werden
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Beeindruckend, sehr beeindruckend!
Vielen herzlichen Dank!!
Geht auch die Verwendung im Dativ? 'Ihm wurde gewahr.' Ist gar nicht Dativ, oder?
Zumindest habe ich das 'Ihm wurde gewahr' durch Google Suche als Text gefunden.
Eine Bekannte sagte mir, dass die Verwendung von 'Ihm wurde gewahr' oder 'Er wurde gewahr'
auch davon abhängt, was jemand sagt. Wenn es um Reaktionen oder Empfindungen geht, so sollte man
'Er wurde gewahr' verwenden, und wenn es um Wahrnehmung geht, 'Ihm wurde gewahr'.
In meiner Netzrecherche konnte ich allerdings diese Zuordnungen nicht sicher bestätigen. Das
ging hin und her. Daher habe ich diesen Post geschrieben.
Hier werden zumindest die beiden Zuordnungen aufgeführt:
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Bedeutungen:
[1] gehoben: mehr oder minder plötzlich in einem Moment durch seine Sinnesorgane wahrnehmen[2] gehoben: nach mehr oder minder langer Zeit begreifen, wie eine Sache sich verhält
Beeindruckend, sehr beeindruckend!
Vielen herzlichen Dank!!
Geht auch die Verwendung im Dativ? 'Ihm wurde gewahr.' Ist gar nicht Dativ, oder?
Zumindest habe ich das 'Ihm wurde gewahr' durch Google Suche als Text gefunden.
Eine Bekannte sagte mir, dass die Verwendung von 'Ihm wurde gewahr' oder 'Er wurde gewahr'
auch davon abhängt, was jemand sagt. Wenn es um Reaktionen oder Empfindungen geht, so sollte man
'Er wurde gewahr' verwenden, und wenn es um Wahrnehmung geht, 'Ihm wurde gewahr'.
In meiner Netzrecherche konnte ich allerdings diese Zuordnungen nicht sicher bestätigen. Das
ging hin und her. Daher habe ich diesen Post geschrieben.
Hier werden zumindest die beiden Zuordnungen aufgeführt:
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Bedeutungen:
[1] gehoben: mehr oder minder plötzlich in einem Moment durch seine Sinnesorgane wahrnehmen[2] gehoben: nach mehr oder minder langer Zeit begreifen, wie eine Sache sich verhält
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Du kannst ja sagen
"Ihm wurde bewusst, dass ..."
und
"Er wurde sich dessen bewusst, dass ..."
Ich nehme an, dass deine Bekannte dann einfach bewusst durch gewahr ersetzt hat. Ich finde aber keinerlei Belege, dass man "ihm wurde gewahr" schreiben kann, jedenfalls nicht bei Duden, Brockhaus, Wiktionary, sondern nur in anderen fiktionalen (nicht historischen) Texten. Stattdessen muss es heißen "Er wurde gewahr, dass ...", und zwar bei beiden Definitionen.
"Ihm wurde bewusst, dass ..."
und
"Er wurde sich dessen bewusst, dass ..."
Ich nehme an, dass deine Bekannte dann einfach bewusst durch gewahr ersetzt hat. Ich finde aber keinerlei Belege, dass man "ihm wurde gewahr" schreiben kann, jedenfalls nicht bei Duden, Brockhaus, Wiktionary, sondern nur in anderen fiktionalen (nicht historischen) Texten. Stattdessen muss es heißen "Er wurde gewahr, dass ...", und zwar bei beiden Definitionen.
Ankh- Tintenklecksmagier
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Re: Gewahr werden
[url=https://books.google.de/books?id=Y0hZAgAAQBAJ&pg=PT261&lpg=PT261&dq="ihm+wurde+gewahr"+roman&source=bl&ots=u-aGFXYvv4&sig=BtoWWp7CzWFxYvB39XAkQEq8bXo&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjPx8O1rKDWAhVHtRoKHSwvDjEQ6AEINDAC#v=onepage&q=wurde gewahr&f=false][Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Weiter unten steht es. Zumindest bei Goldmann erschienen.
Weiter unten steht es. Zumindest bei Goldmann erschienen.
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Sorry, der Link funktioniert bei mir nicht richtig. Aber wenn ich es richtig sehe, ist das kein historischer Text, sondern ein moderner?
Ankh- Tintenklecksmagier
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Re: Gewahr werden
Jepp, der ist modern. In alten Texten finde ich immer "Er wurde gewahr".
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Die Sache löst sich in Wohlgefallen auf bei Eigennamen:
"Doch dann wurde Peter gewahr; dass er "
Ich überlege, ob ich evtl. doch "Ihm wurde gewahr" nehmen sollte. Ich habe es z. B. in einem Roman aus dem Goldmann Verlag gefunden. Vielleicht irritiert es den Leser, wenn er das historische "Er wurde gewahr" liest. Klingt das nicht falsch?
"Ihm wurde bewusst" klingt mir zu modern. Mein Roman spielt so um ca. 1700. Ich brauche da eine pseudo-altklingende Sprache.
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Die Sache löst sich in Wohlgefallen auf bei Eigennamen:
"Doch dann wurde Peter gewahr; dass er "
Ich überlege, ob ich evtl. doch "Ihm wurde gewahr" nehmen sollte. Ich habe es z. B. in einem Roman aus dem Goldmann Verlag gefunden. Vielleicht irritiert es den Leser, wenn er das historische "Er wurde gewahr" liest. Klingt das nicht falsch?
"Ihm wurde bewusst" klingt mir zu modern. Mein Roman spielt so um ca. 1700. Ich brauche da eine pseudo-altklingende Sprache.
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Es klingt halt alt, aber warum solltest du es nicht korrekt verwenden? Nur, weil es bei Goldmann schon mal jemand falsch gemacht hat? Dass alte Formulierungen dem Leser unvertraut klingen, ist ja nicht schlimm. Solange er erschließen kann, was gemeint ist, ist das kein Problem.
Ankh- Tintenklecksmagier
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Re: Gewahr werden
Da hast Du Recht.
Es hängt auch ein wenig vom Kontext ab. In meinem Roman klingt ja nicht alles alt; bisweilen ist der Ton recht locker.
An bestimmten Stellen hätte das "Er wurde gewahr, …" ganz gut gepasst. An anderen Stellen klingt es etwas fremd bzw. zu stark kontrastierend.
Ich habe jetzt die Variante, dass ich das "Er" vermeide und schreibe einfach:
"Hans wurde gewahr, dass er ..."
Ich finde, das klingt richtig gut.
Es hängt auch ein wenig vom Kontext ab. In meinem Roman klingt ja nicht alles alt; bisweilen ist der Ton recht locker.
An bestimmten Stellen hätte das "Er wurde gewahr, …" ganz gut gepasst. An anderen Stellen klingt es etwas fremd bzw. zu stark kontrastierend.
Ich habe jetzt die Variante, dass ich das "Er" vermeide und schreibe einfach:
"Hans wurde gewahr, dass er ..."
Ich finde, das klingt richtig gut.
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Na, dann ist das doch eine super Lösung
Ankh- Tintenklecksmagier
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Re: Gewahr werden
Ja, auf jeden Fall. Ein Kompromiss wird zur Lösung.
Vielen Dank noch einmal, dass Du mir so gut geholfen hast!
Hast Du Germanistik studiert? Literaturwissenschaft?
Vielen Dank noch einmal, dass Du mir so gut geholfen hast!
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DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Germanistik, Mediävistik und dann noch Deutsch auf Lehramt XD
Ankh- Tintenklecksmagier
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Re: Gewahr werden
Krass. Das hilft bestimmt ungemein beim Schreiben.
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Um noch mehr Verwirrung beizusteuern könnte ich jetzt noch die Formulierung "Es wurde ihm gewahr, dass..." beisteuern, die ich auch irgendwie kenne.
Ansonsten schließe ich mich da auch Ankhs Ausführungen an bzw. beue mein Haupt angesichts einer so präzisen Erklärung.
Ansonsten schließe ich mich da auch Ankhs Ausführungen an bzw. beue mein Haupt angesichts einer so präzisen Erklärung.
Alys- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
Da kommt wohl wieder der Bezug zu "bewusst": Es wurde ihm bewusst, dass ...
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natürlich nur mit oberflächlicher Kenntnis deines Stils und deines Textes, aber ich würde mit pseudoaltertümlicher Sprache aufpassen. Normalerweise merkt man recht schnell, ob ein Autor wirklich diese alte Sprache verinnerlicht hat oder ob er Formulierung für Formulierung zusammenkratzt. Gerade weil du selbst es also pseudoaltertümlich bezeichnet hast, bin ich stutzig geworden.
Und auf gar keinen Fall falsche Formulierungen von noch so renommierten Verlagen übernehmen, wenn man weiß, wie das Richtige lautet, nur um dem Leser zu gefallen. Wenn du einen Leser hast, der Ahnung davon hat ... nun, für mich wäre dein Text in dem Moment durchgefallen, weil ich ihn nicht mehr ernst nehmen könnte.
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natürlich nur mit oberflächlicher Kenntnis deines Stils und deines Textes, aber ich würde mit pseudoaltertümlicher Sprache aufpassen. Normalerweise merkt man recht schnell, ob ein Autor wirklich diese alte Sprache verinnerlicht hat oder ob er Formulierung für Formulierung zusammenkratzt. Gerade weil du selbst es also pseudoaltertümlich bezeichnet hast, bin ich stutzig geworden.
Und auf gar keinen Fall falsche Formulierungen von noch so renommierten Verlagen übernehmen, wenn man weiß, wie das Richtige lautet, nur um dem Leser zu gefallen. Wenn du einen Leser hast, der Ahnung davon hat ... nun, für mich wäre dein Text in dem Moment durchgefallen, weil ich ihn nicht mehr ernst nehmen könnte.
Re: Gewahr werden
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Danke für Deine Ergänzung. Und zum Thema "Verwirrung":
Da halte ich es mit Goethe: "Sucht nur die Menschen zu verwirren, sie zu befriedigen ist schwer."
Was auch gleich zum Kommentar von [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können] überleitet:
Vielen Dank für Deine Sichtweise! Ich werde das noch weiter überdenken …
Momentan sehe ich es so:
Genau das tue ich, indem ich in alten Quellen und im Netz recherchiere und diesen Post hier eröffnet habe.
Ich möchte schon, dass es richtig ist, aber auch, das es richtig klingt. Und da wähle ich im Zweifel jene korrekte bzw. breit etablierte Alternative, die besser klingt. Kann also auch gerne eine Alternative sein, die ich bei mehreren namhaften Verlagen gefunden habe.
Oder ich wähle eine Umschiffung, wie ich das jetzt bei "Er wurde gewahr" gemacht habe. EInmal habe ich sogar "Er wurde gewahr" geschrieben, an einer Stelle, wo es passt. Das kommt auch auf den Kontext drauf an, ob da gerade eine Innensicht war usw. Schwer zu erklären. In meinem Roman haben die Figuren tlw. eine sehr unterschiedliche Sprechweise.
Es gibt hier nicht schwarz oder weiß. Auch wenn man etwas verinnerlicht hat, so muss man doch manches recherchieren.
Mein Ziel ist nicht, für - überspitzt formuliert! - einen kleineren Kreis von Sprachwissenschaftlern etc. zu schreiben, sondern für die breite Masse. Und ja, ich ginge mit einer nicht 100% korrekten Formulierung ein Risiko ein, dass ich Leser verliere, die es besser wissen. Das wäre verkraftbar. Es gibt auch etablierte Formulierungen, die immer wieder in topplatzierten Romanen auftauchen, aber nicht 100% dem Duktus des Dudens entsprechen. Darüber kann man diskutieren, ob man das richtig oder falsch findet. Ich finde es zumindest akzeptabel.
Die alte Sprache, die wir heute in Romanen finden, ist primär künstlich. Pseudo-Altertumssprech. Findet man auch in Historienfilmen. Das ist an unsere moderne Sprache angepasst. Den Ton habe ich ganz gut drauf.
Natürlich habe ich auch Romane in wirklich alter Sprache gelesen, Don Quixote z. B., um mich auf mein Romanprojekt vorzubereiten. Also erstmal kein Grund zur Sorge.
Danke für Deine Ergänzung. Und zum Thema "Verwirrung":
Da halte ich es mit Goethe: "Sucht nur die Menschen zu verwirren, sie zu befriedigen ist schwer."
Was auch gleich zum Kommentar von [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können] überleitet:
Vielen Dank für Deine Sichtweise! Ich werde das noch weiter überdenken …
Momentan sehe ich es so:
Kelpie schrieb:natürlich nur mit oberflächlicher Kenntnis deines Stils und deines Textes, aber ich würde mit pseudoaltertümlicher Sprache aufpassen.
Genau das tue ich, indem ich in alten Quellen und im Netz recherchiere und diesen Post hier eröffnet habe.
Ich möchte schon, dass es richtig ist, aber auch, das es richtig klingt. Und da wähle ich im Zweifel jene korrekte bzw. breit etablierte Alternative, die besser klingt. Kann also auch gerne eine Alternative sein, die ich bei mehreren namhaften Verlagen gefunden habe.
Oder ich wähle eine Umschiffung, wie ich das jetzt bei "Er wurde gewahr" gemacht habe. EInmal habe ich sogar "Er wurde gewahr" geschrieben, an einer Stelle, wo es passt. Das kommt auch auf den Kontext drauf an, ob da gerade eine Innensicht war usw. Schwer zu erklären. In meinem Roman haben die Figuren tlw. eine sehr unterschiedliche Sprechweise.
Kelpie schrieb:Kelpie
Normalerweise merkt man recht schnell, ob ein Autor wirklich diese alte Sprache verinnerlicht hat oder ob er Formulierung für Formulierung zusammenkratzt.
Es gibt hier nicht schwarz oder weiß. Auch wenn man etwas verinnerlicht hat, so muss man doch manches recherchieren.
Mein Ziel ist nicht, für - überspitzt formuliert! - einen kleineren Kreis von Sprachwissenschaftlern etc. zu schreiben, sondern für die breite Masse. Und ja, ich ginge mit einer nicht 100% korrekten Formulierung ein Risiko ein, dass ich Leser verliere, die es besser wissen. Das wäre verkraftbar. Es gibt auch etablierte Formulierungen, die immer wieder in topplatzierten Romanen auftauchen, aber nicht 100% dem Duktus des Dudens entsprechen. Darüber kann man diskutieren, ob man das richtig oder falsch findet. Ich finde es zumindest akzeptabel.
Die alte Sprache, die wir heute in Romanen finden, ist primär künstlich. Pseudo-Altertumssprech. Findet man auch in Historienfilmen. Das ist an unsere moderne Sprache angepasst. Den Ton habe ich ganz gut drauf.
Natürlich habe ich auch Romane in wirklich alter Sprache gelesen, Don Quixote z. B., um mich auf mein Romanprojekt vorzubereiten. Also erstmal kein Grund zur Sorge.
DrJones- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
DrJones schrieb:
Die alte Sprache, die wir heute in Romanen finden, ist primär künstlich. Pseudo-Altertumssprech. Findet man auch in Historienfilmen. Das ist an unsere moderne Sprache angepasst.
Ah, ich weiß, was Du meinst. Mir biegen sich auf Mittelaltermärkten auch immer die Zehennägel hoch, wenn mich ein Verkäufer mit "holde Maid" anquatscht, um mir dann für "fünf Silberlinge" eine Portion Kartoffel(!)ecken "höchst wohlfeil" anzupreisen.
Man muss ja auch in gewisser Weise an die moderne Sprache anpassen (oder gleich ganz modern schreiben trotz historischer Thematik, so wie Hilary Mantel in "Wölfe") um das heutige Publikum zu erreichen, aber manchmal kommt da sowas Künstliches heraus, dass es einem weh tut.
Alys- Wortzaubermeister
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Re: Gewahr werden
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Volle Zustimmung! Aber diese plumpe Art von modernem Altertumssprech meinte ich nicht.
Ich meinte das bescheidene Sprech in Filmen wie "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" oder "Stolz und Vorurteil". Understatement- Antiksprech, wenn Du verstehst?
Ja, oder so. man kann auch z. B. durch das Manipulieren von Adverbien und Adjektiven so eine altertümliche Stimmung erzeugen.
Alys schrieb:
Ah, ich weiß, was Du meinst. Mir biegen sich auf Mittelaltermärkten auch immer die Zehennägel hoch, wenn mich ein Verkäufer mit "holde Maid" anquatscht, um mir dann für "fünf Silberlinge" eine Portion Kartoffel(!)ecken "höchst wohlfeil" anzupreisen.
Volle Zustimmung! Aber diese plumpe Art von modernem Altertumssprech meinte ich nicht.
Ich meinte das bescheidene Sprech in Filmen wie "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" oder "Stolz und Vorurteil". Understatement- Antiksprech, wenn Du verstehst?
Alys schrieb:Man muss ja auch in gewisser Weise an die moderne Sprache anpassen (oder gleich ganz modern schreiben trotz historischer Thematik, so wie Hilary Mantel in "Wölfe") um das heutige Publikum zu erreichen, aber manchmal kommt da sowas Künstliches heraus, dass es einem weh tut.
Ja, oder so. man kann auch z. B. durch das Manipulieren von Adverbien und Adjektiven so eine altertümliche Stimmung erzeugen.
DrJones- Wortzaubermeister
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